Vertragsrecht

In jedem Bereich des täglichen Lebens werden notwendigerweise Verträge geschlossen.

In Deutschland besteht der Grundsatz der allgemeinen Vertragsfreiheit; dies beinhaltet sowohl die Freiheit, ob und mit wem abschließen will (Abschlussfreiheit) als auch die Freiheit, wie (gemeint ist die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages) man abschließen will. Es gilt der Grundsatz „pacta sunt servanda", d.h. geschlossene Verträge müssen eingehalten werden.

Dabei können die Parteien ihre Rechtsbeziehungen bzw. die Verträge beliebig gestalten, da die meisten gesetzlichen Regeln grundsätzlich dispositiv sind, d.h. es kann etwas vom Gesetz Abweichendes vereinbart werden. Derjenige, der sich mit dem Vertragsrecht und den Klauseln gut auskennt, kann diese Freiheiten natürlich zu seinem Vorteil (aus-)nutzen.

1.) Nichtigkeit von Verträgen wegen Sittenwidrigkeit (Ausnahme)

Hat man einmal einen Vertrag unterschrieben, muss man, wie oben erwähnt, für die Folgen gerade stehen bzw. man haftet bis zur Erfüllung des Vertrages.

Nur in Ausnahmefällen kommt das Gesetz oder das Gericht in bestimmten Konstellationen demjenigen zu Hilfe, der durch einen Vertrag stark benachteiligt wird.

So darf der Vertragsinhalt nicht sittenwidrig sein. Das Merkmal der Sittenwidrigkeit ist selten gegeben und darüber hinaus schwer fassbar. Die Gerichte bzw. die Rechtsprechung versucht seit einem Jahrhundert, die in der Praxis auftauchenden Probleme in Schubladen (Fallgruppen) zu sortieren und Bewertungskriterien zu entwickeln.

Letztlich sind aber häufig die Umstände des Einzelfalles entscheidend.

Ein Sittenverstoß liegt nach den Maßstäben des BGH grundsätzlich vor, wenn ein Vertragspartner seine überlegene Machstellung bewusst missbraucht und dadurch den Anderen schädigt (z.B. überhöhte, wucherische Zinsen; unzulässige Vertragsstrafen).

Ferner ist ein Sittenverstoß gegeben, wenn beide Vertragspartner bewusst einen Dritten schädigen (z.B. Abwerbungsverträge mit Angestellten fremder Unternehmen, falls die Angestellten zum Vertragsbruch mit ihrem derzeitigen Arbeitgeber verleitet werden).

Ein Vertrag oder ein Vertragsteil (Klausel) ist aber auch sittenwidrig, wenn er die wirtschaftliche Entfaltung einer Vertragspartei in einem Maß beschneidet, dass diese ihre Selbstständigkeit im Ganzen oder zu einem wesentlichen Teil einbüsst.

Es dürfte in der Praxis aber nur selten vorkommen, dass ein Vertragspartner, durch einen Vertrag derartig in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird.

Ein weiteres Indiz für Sittenwidrigkeit ist, dass der Betroffene in „unangemessener Weise" nach Art, Dauer und räumlicher Weite beschränkt wird, ohne dafür eine entsprechendes Äquivalent zu erhalten, sprich Leistung und Gegenleistung stehen überhaupt nicht in einem angemessenen Verhältnis.

Abschließend bleibt anzumerken, dass ein Gericht wegen des o.g. Grundsatzes der Vertragsfreiheit nur in besonders krassen Fällen Sittenwidrigkeit annehmen wird.

2.) Form des Vertrages

Es besteht der Grundsatz der Formfreiheit, d.h. bereits mündlich geschlossene Verträge sind wirksam. Schriftlich fixierte Verträge sind in jedem Fall bei einer eventuell notwendigen späteren Beweisführung von Vorteil. Wenn die Verhandlungen mündlich ablaufen und zum Schluss kommt es z.B. zum Streit über die Höhe der Vergütung und hat man diesbezüglich keinen Zeugen, wird man seine Forderung gerichtlich nur schwer durchsetzen können.

Es muss allerdings nicht unbedingt ein förmliches Vertragsdokument vorliegen. Es genügt auch unter Umständen ein Schriftwechsel, in dem die wichtigen Punkte fixiert worden sind und aus denen eine unbeteiligter Dritter entnehmen kann, was vereinbart wurde.
Ein „richtiger" Vertrag hat aber den Effekt, dass er größere Klarheit bezüglich der Ansprüche und Pflichten der Beteiligten schafft.

Nur wenn das Gesetz es ausdrücklich vorschreibt, ist für die Wirksamkeit des Vertrages die Einhaltung einer bestimmten (Schrift-)Form notwendig (Bsp.: ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr bedarf der Schriftform).

In einigen Fällen ist der Formmangel heilbar (z.B. bei Miet- und Arbeitsverträgen ist der Vertrag bis zur Kündigung als „faktisches Verhältnis" wirksam), ansonsten ist der Vertrag bei einem Formverstoß nichtig.

Obligatorisch ist die Schriftform auch, wenn wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen getroffen werden sollen (Wettbewerbsverbote und/oder Konkurrenzausschlüsse, s.o.).

3.) Zustandekommen eines Vertrags

a) Regelfall: Angebot und Annahme

Ein Vertrag kommt grundsätzlich dadurch zustande, dass der eine Vertragspartner ein Angebot macht und der andere hierzu sein Einverständnis erklärt.

Ein Angebot muss dem anderen den Vertrag in seinen wesentlichen Bestandteilen (welche Leistung für welchen Preis) so darbieten, dass der Vertragsschluss durch bloße Bejahung zustande kommen kann.

Außerdem muss aus der Erklärung der vertragliche Bindungswille des Anbietenden ausreichend deutlich hervorgehen.

Liegt ein Angebot vor so ist der Anbietende zunächst an sein Angebot gebunden.

Erfolgt die Antwort in Form einer bloßen Bejahung („ OK, einverstanden, in Ordnung" etc.), so ist der Vertrag nach Maßgabe des Angebotes und mit dessen Inhalt geschlossen.

Wenn der Empfänger die Antwort weniger eindeutig formuliert, (z.B. „Gut, aber über Punkt XY müssen wir noch reden") muss die Erklärung ausgelegt werden, um festzustellen, ob sie sich mit dem Angebot deckt, also noch ein sog. Konsens (= Einigung) vorliegt.

Dagegen liegt ein sog. Dissens (= fehlende Einigung) vor, wenn entweder die Erklärung einer der beiden Parteien objektiv mehrdeutig ist oder wenn sich die Erklärungen nicht entsprechen.

Dabei wird zwischen offenem und verstecktem Dissens unterschieden, je nachdem ob sich die Vertragsparteien der unterschiedlichen Standpunkte bewusst sind oder nicht. Wichtig ist auch, ob der Dissens einen Hauptbestandteil des Vertrages (z.B. den Preis) oder nur einen unwesentlichen Bestandteil (z.B. Unklarheit bezüglich des Ortes der Lieferung) des Vertrages betrifft.

Bei einem offenen Dissens über einen Punkt, über den nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden sollte, ist im Zweifel der gesamte übrige Vertrag nicht bindend bzw. nicht geschlossen, selbst wenn das bisher Vereinbarte schon schriftlich fixiert wurde.

Manchmal kommt es auch zu einem so genannten konkludenten Vertragsschluss. Der Begriff konkludent beinhaltet, dass ein objektiver Beobachter bei Betrachtung aller Umstände zu dem Schluss kommt, dass die Beteiligten hier einen Vertrag schließen wollten. Entscheidend sind hier die Umstände des konkreten Einzelfalls.

b) Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Unter Umständen kann das Schweigen auf ein so genanntes Bestätigungsschreiben zur Folge haben, dass der Vertrag mit dem Inhalt als abgeschlossen gilt, den das unwidersprochene Schreiben angibt.

In diesem Fall müssen Verhandlungen vorausgegangen sein, deren Ergebnis das Schreiben als endgültigen Vertragsschluss wiedergibt. Bei einer Bestätigung, dass ein Auftrag eingegangen ist, handelt es sich noch nicht um eine Bestätigung des Vertragsschlusses.

Der Absender des Schreibens muss redlich sein, d.h. er muss glauben, dass das Schreiben die bisher getroffenen Vereinbarungen korrekt wiedergibt

Der Empfänger (nicht der Absender) des Schreibens muss Kaufmann sein, d.h. er ist entweder im Handelsregister eingetragen oder er betreibt ein Handelsgewerbe.

Es darf kein unverzüglicher Widerspruch erfolgen.

Die rechtliche Folge ist, dass das Schweigen nach Empfang des Bestätigungsschreibens als Zustimmung gewertet wird. Die Annahme, dass der Vertrag damit als geschlossen gilt, war ursprünglich auf Verhandlungen zwischen Kaufleuten beschränkt. Inzwischen wird dieses Prinzip auch auf Personen angewendet, die ähnlich wie Kaufleute im Geschäftsverkehr auftreten.

Wenn also nur mündliche bzw. telefonische Absprachen stattgefunden haben, sollte man diese Absprachen wie folgt schriftlich bestätigen:

Zunächst sollte man Bezug nehmen auf das maßgebliche Gespräch, mit Ansprechpartner, Datum etc. Eventuell (soweit noch nicht geschehen) sollte die Auftragsannahme ausdrücklich bestätigt werden.

Der Inhalt der bisherigen Vereinbarungen (insbesondere die wichtigen Leistungsgegenstände wie z.B. die Vergütung) sollte rekapituliert werden.

Falls vorhanden, sollte auf eigene Geschäftsbedingungen (AGB) hingewiesen und diese beigefügt werden (vgl. unten Ziffer 7)

5). Typische Vertragstypen

Im Zivilrecht gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragsarten, die grundsätzlich nach dem Zweck des Vertrages benannt sind, z.B. der Kauf - oder der Mietvertrag.

Der „Normalverbraucher“ macht sich oft keine Gedanken, was für eine Art von Vertrag nun geschlossen wird, wenn er ein Brötchen kauft (weinig überraschend: es handelt sich um einen Kaufvertrag). Und das ist grundsätzlich auch gar nicht nötig, da sich der Vertragstyp automatisch danach richtet was man vereinbart. Es ist aber hilfreich zu wissen bzw. zu erkennen, ob man z.B. einen Dienstvertrag abgeschlossen hat. Die richtige Einordnung kann nämlich eine Rolle spielen, wenn es darum geht, wann der eigene (z.B. Honorar-)Anspruch fällig wird oder bei Gewährleistungs-, Verjährungs- und Kündigungsfragen.

Zu beachten ist zum einen der so genannte Dienstvertrag, der die Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten bzw. dem Arbeitgeber und dem Dienstverpflichteten bzw. Arbeitnehmer regelt.

Beim Dienstvertrag wird die reine Tätigkeit vergütet, z.B. muss ein Pförtner erstmal nur „anwesend“ sein. Der Dienstvertrag ist grundsätzlich unbefristet, kann aber von beiden Seiten jederzeit gekündigt werden, wenn nichts anderes (z.B. schriftliche Befristung) vereinbart wurde.

Im Gegensatz dazu wird bei einem Werkvertrage ein konkreter Erfolg geschuldet (z.B. die Reparatur einer Sache). Das Werk kann sowohl ein körperliches Arbeitsprodukt als auch ein unkörperlicher Arbeitsvorgang (z.B. im Bereich der elektronischer Datenbe- bzw. Verarbeitung/ Programmierung) sein.

Bei einem Kauf -I Werkvertrag wird die vereinbarte Vergütung nur für das fertige Produkt bzw. bei Lieferung gezahlt und das auch nur, wenn dieses den vertraglichen Vorgaben entspricht und zur Zufriedenheit des Auftraggebers ausgefallen ist.

Bei einem Werkvertrag muss der Auftraggeber darüber hinaus das Werk abnehmen, bevor die Zahlung des Werklohnes fällig wird.

Der Verpflichtete des Dienstvertrages hat hingegen sofort Anspruch auf Zahlung, sobald er seine Arbeitsleistung erbracht hat.

6.) Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Viele Pflichten, die bei der Erfüllung eines Vertrages berücksichtigt werden müssen, werden häufig in so genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt. Es sich handelt hierbei um vorformulierte (d.h. bereits vor dem Abschluss von Verträgen verfasste) Klauseln, die als „Kleingedrucktes" im Anhang bzw. auf der Rückseite von Vertragsformularen auftauchen. Diese AGB gelten nur bzw., werden nur Bestandteil des Vertrages, wenn die Vertragspartei, die sie verwendet, gesondert auf sie hingewiesen hat. Üblicherweise findet sich ein solcher Hinweis am Ende des Vertragformulars (z.B.: „Bitte beachten Sie unsere umseitig abgedruckten allgemeinen Geschäftsbedingungen").

Aber selbst wenn der Hinweis erfolgt ist, sind nicht alle AGB wirksam. Klauseln, mit denen eine Partei nicht zu rechnen braucht (sog. „ Überraschungsklauseln") werden nicht Vertragsbestandteil. Unwirksam sind außerdem Klauseln, die einen Vertragspartner unzumutbar benachteiligen (z.B. ein genereller Haftungsausschluss für fahrlässig verursachte Schäden). Im Einzelnen ist es jedoch schwierig und bedarf in der Regel eines Anwalts, um die Unwirksamkeit einer Klausel im Einzelfall zu erkennen. Zudem spielt es eine Rolle, ob man Kaufmann ist oder nicht. An einen Kaufmann werden im Geschäftsverkehr erhöhte Prüfungsanforderungen gestellt, so dass z.B. das Verbot überraschender Klauseln zu seinen Gunsten in der Regel nicht greift.

AGB können sehr hilfreich oder sogar entscheidend wichtig sein, wenn die vertraglichen Verhandlungen auf ein Minimum beschränkt worden sind. In der täglichen Praxis des Geschäftsverkehrs finden oft nur kurze Kontakte (per E-mail oder Telefon) statt, so dass noch nicht einmal die Kernpflichten des Vertrages ausreichend geregelt sind.

Folgende Schritte müssen bei der Verwendung von AGB beachtet werden:

Zunächst benötigt man passende AGB (zu warnen ist hier vor einem Kopieren von fremden AGB, z.B. aus dem Internet).

Anschließend integriert man die AGB mittels eines den gesetzlichen Vorgeben entsprechenden Hinweises (im Fall eines Gewerbe treibenden Kunden entbehrlich) in den Vertrag.

Dabei ist darauf zu achten, dass die im Vertrag eventuell getroffenen Individualvereinbarungen gegenüber den AGB Vorrang haben und diese im Zweifelsfall bei inhaltlichen Überschneidungen außer Kraft setzen.

Bringt der Auftraggeber eigene (unangenehme) AGB ins Spiel (z.B. Haftungsverschärfungen zu ihren Lasten), die sie nicht akzeptieren möchten, kann man diese durch eigene, inhaltlich widersprechende AGB ausschalten. Denn wenn sich z.B. zwei AGB bezüglich einer Haftungsklausel (z.B. für Transportschäden) widersprechen, sind beide AGB unwirksam. Stattdessen gelten dann die gesetzlichen Vorschriften.